Darüber hinaus möchte ich zwei innovative Lösungsansätze für effizientere und wirtschaftlichere Energiespeicher vorstellen:
Zielgruppe dieser Lösung sind primär Menschen, die wie klassische Pendler:innen in einem Gebiet geringer Siedlungsdichte, aber hohem Potenzial für Photovoltaik wohnen (z.B. Einfamilienhaussiedlungen im suburbanen Raum) und tagsüber mit dem Auto entweder direkt in ein urbaneres Gebiet fahren oder zu einer Park-&-Ride-Station. Elektroautos mit ausschließlich fest verbauter Batterie können in dieser Situation kaum für bidirektionales Laden genutzt werden, weil sie sich tagsüber nicht dort befinden, wo der Stromüberschuss auftritt, sondern in der Stadt oder am Park-&-Ride-Platz. Wenn das Elektroauto einen Teil seiner Batterie zuhause bei der PV-Anlage lässt hat das gegenüber anderen Formen von Reverse Charging auch den Vorteil, dass keinerlei zusätzliche Vertrags- und Verrechnungsbeziehungen nötig sind. Stattdessen wird sowohl der Eigenverbrauch der jeweiligen Haushalte mit PV-Anlage und Elektroauto optimiert, als auch die Einspeisung ins Stromnetz zeitlich geglättet.
Von einer unökonomischen zeitlichen Auslastungscharakteristik kann aber nicht nur das Stromnetz betroffen sein: Würde man zur Nutzung von Energieüberschüssen aus Photovoltaik hauptsächlich auf die Produktion von e-Fuels und synthetischem Methan ("grünem Gas") setzen, so wären auch diese über die Zeit gesehen sehr schlecht ausgelastet: Man müsste die maximale Leistung dieser Anlagen darauf auslegen, dass sie die Stromüberschüsse der Mittagsspitze eines Sommertages verarbeiten können, selbst in den Sommertagen wären sie aber die meisten Stunden des Tages bei weitem nicht ausgelastet. Diese Anlagen würden dann also mit sehr wenigen Volllaststunden pro Jahr betrieben. Das würde sich sehr negativ auf die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen auswirken, deren anspruchsvolle Technologie für den großtechnischen Maßstab erst in Entwicklung ist und den Einsatz teurer und seltener Materialien wie Platin und Palladium für Elektroden und Katalysatoroberflächen erfordert. Man braucht daher wesentlich weniger dieser teuren Anlagen bzw. Materialien und kann sie zeitlich gesehen viel besser auslasten, wenn man synthetisches Methan ("grünes Gas") und andere synthetische Kohlenwasserstoffe nur in der Menge produziert, die für industrielle Zwecke, Luft- und Schifffahrt benötigt wird und zusätzlich sowohl dezentrale Tagesspeicher einsetzt, als auch Carnot-Batterien als zentrale, saisonale Speicher:
Es wäre auch möglich und sinnvoll, das gleiche Batterietauschsystem sowohl für die hier neu vorgeschlagene, als auch für die bisher damit verfolgten Anwendungen zu verwenden:
Ein Projekt, das bis auf Größe und Speicherdauer dieser Charakterstik relativ ähnlich ist, wurde unter dem Titel "High-T-Stor" von der Technischen Hochschule Mittelhessen erprobt. Der Speicher dieses Projekts ist nahezu würfelförmig mit ca. 2,4 m Seitenlänge und besteht aus Keramikziegeln, die auf bis zu 1200°C aufgeheizt werden können, die Isolierung ist etwa 60 cm dick. Dieser Speicher verliert pro Tag etwa 5% seines Wärmeinhalts. Zur Rückverstromung wird ein extern beheizter Gasturbinenprozess genutzt: Der Wärmespeicher wird mit Luft durchblasen und die aufgeheizte Luft gibt ihre Wärme danach mittels eines Wärmetauschers an die unter Druck stehende Luft in der Gasturbine ab. Eine direkte Erhitzung unter Druck stehender Luft oder die Aufheizung von Dampf direkt im Hochtemperaturspeicher wäre verfahrenstechnisch nicht handhabbar. Die Abwärme des Gasturbinenprozesses wird für Fernwärme genutzt.
Gas-&-Dampftrubinenkraftwerke erreichen ohne Fernwärmenutzung bis über 60% elektrischen Wirkungsgrad, eine maximale Nutzung des eingesetzten Brennstoffs ergibt sich bei Fernwärmeauskopplung mit 54% elektrischem Wirkungsgrad und 31% Fernwärmenutzung, sodass nur 15% effektiv verloren gehen. Bei einem Gas- und Dampfturbinenprozess auf Basis eines Carnot-Batterie-Wärmetauschers ist jedoch von einem geringeren elektrischen Wirkungsgrad auszugehen, weil die Speichertemperatur geringer ist als die Temperatur einer Gasflamme. Eine Abschätzung nach dem Carnot'schen Wirkungsgradgesetz ergibt etwa 35% elektrischen Wirkungsgrad. Bei einem unveränderten Gesamtnutzungsgrad von 85% steigt damit die Fernwärmenutzung auf 50% der aus dem Speicher entnommenen Wärmemenge.
Neue Ideen: Tauschbatterien als Teil eines modularen Fahrzeugkonzepts oder zur Umrüstung von Verbrenner-Pkw
Zusätzlich möchte ich zwei Ideen von mir präsentieren, wie man die Vorteile von Tauschbatterien mit weiterem Zusatznutzen kombinieren könnte:
Mit den in der Abbildung gezeigten Proportionen ergibt sich für das Batteriemodul ein nutzbares Volumen von etwa 150 l, dies entspricht einer Kapazität von etwa 50-55 kWh als Lithium-Ionen-Akku oder etwa 20 kwh als Natrium-Ionen-Akku. Bei einem für elektrische Kleinwagen üblichen Stromverbrauch entspricht das einer Reichweite von ca. 330 km (Li-Ion) bzw. ca. 130 km (Na-Ion). Zusätzlich ist in der Basiseinheit eine Batterie fix verbaut, die auch ohne das Batterie-Zusatzmodul für eine bescheidene Alltagsreichweite sorgt.
Jeder einzelne Rollenakku wiegt etwa 7,5 kg. Bei öffentlichen Batterietauschstationen wäre jedenfalls ein weitgehend automatisiertes System angebracht, das vollgeladene Batterien in das Fahrzeug rollen lässt und die herausrollenden leeren der Wiederaufladung zuführt. Wer die Rollenakkus nur wenige Male im Jahr von der Heimladestation ins Fahrzeug und zurück bewegen muss kann dies freilich auch händisch tun.
Zentrale, saisonale Hochtemperatur-Carnot-Batterien
Bisherige Entwicklungen
Die verschiedenen bisherigen Ansätze unterscheiden sich nach:
Zum aktuellen Stand der Technik gibt es (meines Wissens) nur Carnot-Batterien, die dazu gedacht sind, Energie für einige Stunden bis Tage zu speichern.
Bedarf nach Lösungen für die saisonale Stromspeicherung
Ausgehend vom Stand der Technik und der energiepolitischen Entwicklungen der letzten Jahre zeichnet sich ein großer Bedarf nach praktikablen und wirtschaftlichen Lösungen zur saisonalen Speicherung von elektrischer Energie ab. Die extrem sommersaisonale Photovoltaik erlangt wesentlich rascher Verbreitung als die Windenergie, die zwar als tendenziell winterdominierte Stromquelle energiewirtschaftlich vorteilhafter wäre, aber durch lange Genehmigungsverfahren gehemmt wird und häufig auf (unberechtigten) örtlichen Widerstand stößt. Ebenso auf Widerstand und mangelnden Umsetzungselan stößt der Ausbau der hochrangigen Stromnetze, der aber gerade im Zusammenhang mit Windenergie dringend notwendig wäre um einen Ausgleich zwischen Regionen mit Windstille und solchen mit aktuell höheren Windgeschwindigkeiten zu schaffen. Auf der Verbrauchsseite wiederum gibt es zwar den positiven Trend zum vermehrten Einsatz von Wärmepumpen anstelle von Gas- oder Ölheizungen, davon aber gehäuft die weniger effizienten Luftwärmepumpen und seltener als erhofft die effizienteren Erd- oder Grundwasserwärmepumpen. Gleichzeitig gibt es immer noch zu wenig Fortschritt bei der thermischen Sanierung des Gebäudebestands. Beides liegt weniger an den Kosten der Energieeffizienzsteigerung als am höheren organisatorischen und administrativen Aufwand, insbesondere sobald sich beispielsweise eine ganze Wohnungseigentumsgemeinschaft auf ein gemeinsames Vorgehen einigen muss. Sowohl die große Bedeutung der Photovoltaik, als auch der zunehmende Strombedarf für Wärmepumpen steigert die Dringlichkeit für saisonale Speicherlösungen. Ein massiver Ausbau weiterer Speicherwasserkraftwerke in relevantem Ausmaß erscheint aus Naturschutzperspektive und hinsichtlich geeigneter Standorte weitgehend illusorisch. Als bisher einzige breit diskutierte technische Lösung bleibt daher die Herstellung synthetischen Methans ("grünes Gas") und dessen Rückumwandlung in Strom und Fernwärme. Nachdem aber auch bei dieser Technologie in den Sternen steht, wann sie zu welchen Kosten in welchem Ausmaß anwendbar sein wird, wäre es sehr vernünftig, auch die Entwicklung einer anderen Lösung voranzutreiben: der saisonalen Carnot-Batterie.
Denkbare Charakteristika einer saisonalen Carnot-Batterie
Eine saisonale, also im Sommer aufzuladende und im Winter zu entladende Carnot-Batterie bedeutet einerseits die Herausforderung, eine große Wärmemenge mit möglichst wenig Verlust über lange Zeit zu speichern. Sie hat aber andererseits den Vorteil, dass die Rückverstromung im Winter erfolgt, sodass dabei anfallende Abwärme nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung sehr gut für Fernwärme genutzt werden kann.
Daraus ergeben sich folgende Merkmale:
Detailaspekte zum Schluss
Warum wird hier Biomasse nicht erwähnt?
Warum wird hier Wasserstoff nicht erwähnt?
Wasserstoff, der nicht kurz nach seiner Produktion entweder industriell verbraucht oder zu synthetischen Kohlenwasserstoffen weiterverarbeitet wird, müsste zwischengespeichert werden. Das ist bei Wasserstoff nur mit viel größerem Aufwand für Verflüssigung oder extreme Kompression möglich als bei Methan oder flüssigen Kohlenwasserstoffen. Außerdem müssten Heizkraftwerke und Leitungsinfrastruktur technisch angepasst werden, während bei synthetischem Methan die gleichen Anlagen verwendet werden könne, die bisher mit fossilem Erdgas arbeiten.
Warum wird die Abwärme von Elektrolyse und Kohlenwasserstoffsynthese als nicht nutzbar erachtet?
Die Abwärme der Elektrolyse muss zwangsläufig genau dann anfallen, wenn überschüssige erneuerbare Energie vorliegt, also im Sommerhalbjahr. Wenn man nicht den großen Aufwand der Zwischenspeicherung großer Mengen Wasserstoffs in Kauf nehmen will gilt das Gleiche auch für die Kohlenwasserstoffsynthese. Zusätzlich fällt diese Abwärme auf relativ geringem Temperaturniveau an und kann daher nicht als Hochtemperatur-Prozesswärme genutzt werden. Wärme auf niedrigerem Temperaturniveau wird zwar auch im Sommer benötigt (z.B. Warmwasserbereitung oder industrielle Trocknungsprozesse), dafür kann aber auch sehr günstig und effizient Solarthermie (Sonnenkollektoren, insbesondere Hybridkollektoren) oder die Abwärme von Kühl- und Klimatisierungsprozessen genutzt werden.
Könnte man nicht Elektroautos (mit ausschließlich fest verbauter Batterie) auch auf Park-&-Ride-Plätzen, die mit einer Photovoltaik-Anlage überdacht sind, als Stromspeicher verwenden?
Das könnte man durchaus auch tun. Allerdings kann eine große Photovoltaik-Anlage auf einem Park-&-Ride-Platz auch gut an das höherrangige Stromnetz anschließen, oder auch direkt an die Fahrleitung der Eisenbahn oder die Stromschiene der U-Bahn, die dort verläuft. Gegen das dringendere Problem der Überlastung des niederrangigen Stromnetzes durch viele kleine Hausdachanlagen hilft es jedenfalls nicht. Zusätzlich muss das Elektroauto dann jedesmal auch am Park-&-Ride-Platz an- und abgesteckt werden und es sind kompliziertere Verrechnungswege für den zwischengespeicherten Strom nötig.
Könnte man e-Fuels und synthetisches Methan nicht auch aus äquatornahen Wüstenstaaten importieren?
Technisch gesehen ja, praktisch handelt es sich bei den allermeisten in Frage kommenden Ländern leider um autoritäre und/oder instabile Staaten. Es gibt daher keine zuverlässigen Mittel, den Aufbau solcher Kapazitäten in Gang zu setzen und es wäre geopolitisch höchst unvernünftig, sich neuerlich in solche Abhängigkeiten zu begeben.
Gäbe es nicht noch andere Alternativen als diese aufwändigen Speichertechnologien?
Ja, aus technischer und energiewirtschaftlicher Sicht wären das insbesondere:
Alle diese Maßnahmen sind wünschenswert, stellen meines Erachtens aber eher Ergänzungen als Alternativen zur Energiespeicherung dar: Je mehr davon umgesetzt werden kann, umso weniger Speicherkapazität wird benötigt. Wie zuvor beschrieben deuten die Entwicklungen der vergangenen Jahre aber eher darauf hin, dass der Speicherbedarf besonders hoch ausfallen wird.
Quellen und Annahmen in einem separaten Dokument